Lieferkettengesetz

Die EU-Richtlinie zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht für Nachhaltigkeit legt für große Unternehmen die Pflicht fest, negative Auswirkungen auf die Menschenrechte (wie Kinderarbeit) und die Umwelt (wie Verschmutzung) in ihren eigenen Betrieben, bei Tochtergesellschaften und in ihren Aktivitäten ausfindig zu machen und zu beheben.

Große Unternehmen werden außerdem verpflichtet, einen Übergangsplan zur Eindämmung der Klimakrise zu erstellen, der sicherstellen soll, dass das Geschäftsmodell und die Strategie des Unternehmens mit einer nachhaltigen Wirtschaft und der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C gemäß dem Pariser Abkommen sowie dem Ziel der Klimaneutralität in Einklang stehen.

Warum ein Lieferkettengesetz?

Viele Alltagsprodukte, wie elektronische Geräte, Bekleidung oder Lebensmittel, durchlaufen in ihrer Herstellung zahlreiche Stationen in oft weit entfernten Ländern. Die globalen Lieferketten sind komplex, und die negativen Auswirkungen zu kontrollieren, ist schwierig. Intransparente Lieferketten und Profitgier ohne Verantwortung führen zu einem Wettlauf nach unten. Unternehmen tragen dazu bei, dass Ökosysteme zusammenbrechen, die Klimakrise sich verschärft und Arbeitsrechte ausgehöhlt werden. Hungerlöhne, Zwangs- und Kinderarbeit sowie die Ermordung von Umwelt- und Menschenrechtsaktivist:innen bleiben ohne Konsequenzen .

Daher sind starke gesetzliche Regeln notwendig. Die EU ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Viele Unternehmen, die in der EU, aber auch global produzieren, haben hier ihren Sitz. Daher hat es einen großen Einfluss auf die Weltwirtschaft, wenn die EU einheitliche Regeln zur Unternehmensführung erlässt. Bisherige internationale Leitlinien für Unternehmen basierten jedoch nur auf Freiwilligkeit. Einige EU-Länder, wie Frankreich und Deutschland, haben nationale Lieferkettengesetze erlassen, doch diese erfassen zu wenige Unternehmen und machen die Lieferketten nicht transparenter.

Wie geht es jetzt weiter?

Das EU-Lieferkettengesetz ist am 25. Juli 2024 in Kraft getreten und gibt den EU-Staaten nun zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Ab dem 26. Juli 2027 müssen europäische Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern und einem weltweiten Jahresumsatz von über 1,5 Milliarden Euro die neuen Regeln einhalten.

Mögliche Strafen umfassen etwa namentliche Anprangerung oder Geldbußen von bis zu fünf Prozent des weltweiten Nettoumsatzes. Ab dem Jahr 2028 gilt das Lieferkettengesetzt für Unternehmen ab 3.000 Mitarbeiter:innen und 900 Millionen Euro Jahresumsatz, und 2029 müssen auch Firmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und 450 Millionen Euro Umsatz die Vorschriften befolgen. Kleinere Unternehmen sind von den Rechenschaftspflichten ausgenommen.

 

Was Südwind fordert

Das EU-Lieferkettengesetz ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, doch es müsste viel schärfer sein, damit sich wirklich etwas zum Besseren verändert.

Die gesamte Wertschöpfungskette muss erfasst werden

Sorgfaltspflichten müssen entlang der gesamten Wertschöpfungskette erfüllt werden. Das heißt sie umfassen eigene Tätigkeiten, jene von Tochtergesellschaften und der Produktion vorgelagerte (upstream) und nachgelagerte (downstream) Aktivitäten. Vor allem in den ersten Stufen der Kette geschehen oft schwerwiegende Menschenrechts- und Umweltverstöße. Unternehmen, die von Rohstoffen profitieren, müssen Verantwortung übernehmen über die Bedingungen in den Abbauländern.

Alle Unternehmen müssen erfasst werden

Alle Unternehmen müssen unabhängig von ihrer Größe Verantwortung für ihre Wertschöpfungsketten übernehmen. Es dürfen nicht nur die größten Unternehmen erfasst werden. Es darf keine Ausnahmen für den Finanzsektor geben.

Rechtszugang für Betroffene und zivilrechtliche Haftung für Unternehmen

Die EU muss Betroffenen negativer Auswirkungen von Unternehmensführung Zugang zur Justiz ermöglichen. Es braucht diesen Rechtsweg, denn sonst gibt es keine Möglichkeit auf Entschädigung und viele Verstöße würden unentdeckt bleiben. Das bedeutet, dass die Unternehmen einer zivilrechtlichen Haftung unterliegen sollen. Gleichzeitig darf die Beweislast nicht allein auf den Schultern der Betroffenen liegen. Vielmehr sollten Unternehmen nachweisen müssen, dass sie sich an die Regeln halten.

Alle Menschenrechts- und Umweltauswirkungen müssen erfasst sein

Übereinkommen, wie das ILO-Übereinkommen über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt, müssen explizit genannt werden. Die Richtlinie muss auch nachteilige Auswirkungen von Unternehmensaktivitäten auf das Klima erfassen. 

Starke Durchsetzung und harte Sanktionen

Nur harte Strafen für Unternehmen, die die Sorgfaltspflicht nicht befolgen, können sicherstellen, dass das Gesetz auch Wirkung entfalten kann.

Partizipation und Inklusion

Risiken können nur richtig eingeschätzt werden, wenn die Menschen, die direkt von den Unternehmensentscheidungen betroffen sind, konsultiert werden. Gewerkschaften und Arbeitnehmer:innenvertretungen sowie Organisationen der Zivilgesellschaft und betroffene indigene und lokale Communities müssen daher in den Prozess der Sorgfaltspflicht miteinbezogen werden. Kollektivvertragsverhandlugen durch Gewerkschaften müssen garantiert werden.

Transparenz stellt Verantwortlichkeit her

Eine Transparenz für die Öffentlichkeit muss hergestellt werden – beispielsweise über eine Pflicht zur Offenlegung bei berechtigten Bedenken. Ansonsten kann Verantwortlichkeit nicht geklärt werden und es kann oft Jahre dauern bis Ermittler:innen Verbindungen von Niederlassungen, Lieferant:innen und Geschäftspartner:innen zu EU-Unternehmen aufdecken können.

Faktencheck EU-Lieferkettengesetz:

Hintergründe und Einordnungen zu den gängigsten Mythen und Falschbehauptungen rund um das Lieferkettengesetz. Herausgegeben von Treaty Allianz, 13.2.2024

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