Presseaussendung

10. Oktober 2017 | Presse

Menschen vor Profite! Sechs Parteien unterstützen verbindliche Regeln für Konzerne

Wien, 10. Oktober 2017 – Sollen weltweit agierende Konzerne in Zukunft für Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden zur Verantwortung gezogen werden? Südwind stellte in einem Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen diese Frage wahlwerbenden Parteien. SPÖ, Grüne und KPÖ+ wollen sich vorbehaltlos für das derzeit in Erarbeitung befindliche UN-Abkommen zur Regulierung transnationaler Konzerne (TNC-Treaty) einsetzen. ÖVP, FPÖ und NEOS signalisierten eine Unterstützung des Abkommens mit Einschränkungen.

In nur zwei Wochen werden erste konkrete Teile eines Abkommens zur Regulierung transnationaler Konzerne (TNC-Treaty) von 23. bis 27. Oktober auf UN-Ebene verhandelt. „Das UN-Abkommen bietet die historische Chance, Opfern von Menschenrechtsverletzungen endlich zu ihrem Recht zu verhelfen. Unser Parteiencheck zeigt, dass auch österreichische Parteien Menschenrechte vor Profite stellen wollen. Jetzt müssen sich die aktuelle und die zukünftige österreichische Regierung konstruktiv und im Sinne der Menschenrechte in die Verhandlungen zum UN-Abkommen einbringen“, fordert Stefan Grasgruber-Kerl von der Menschenrechtsorganisation Südwind. Das UN-Abkommen wird von 700 zivilgesellschaftlichen Organisationen (NGO) aus 95 Ländern unterstützt, in Österreich von FIAN, Dreikönigsaktion, Südwind, Attac, NeSoVe, GLOBAL 2000, ÖBV-Via Campesina sowie den ArbeitnehmerInnenvertretungen ÖGB und AK.

Laut SPÖ sollten „Unternehmen endlich völkerrechtlich verbindlich verpflichtet (werden), bei deren Aktivitäten im Ausland Menschenrechte zu achten“. Im Plan A von Bundeskanzler Kern werde explizit auf die Verantwortung von Unternehmen im Hinblick auf ihre Lieferketten und die Sicherung von Mindeststandards hingewiesen. Die ÖVP möchte vor allem die Umsetzung der existierenden, unverbindlichen Regelungen weiter vorantreiben. Sie möchte sich im Rahmen des Prozesses zum UN-Abkommen aber „aktiv in die Verhandlungen einbringen“ und strebt einen auf „Konsens aufbauenden Zugang“ mit der Wirtschaft und weiteren EU-Ländern an. Inwieweit die ÖVP bereit ist, für den Schutz der Menschenrechte nötige Maßnahmen auch gegen den Willen transnationaler Konzerne bzw. deren Heimatländern zu forcieren, geht aus den an das NGO-Bündnis übermittelten Antworten nicht hervor. Die EU und die meisten EU-Mitgliedsländer waren bisher gegenüber dem Abkommen skeptisch bis ablehnend.

Auch die FPÖ verweist auf unverbindliche, existierende Regelungen, bekräftigt aber: „(…), dass Unternehmen entsprechend verantwortungsvoll und mit Sorgfalt insbesondere im Zusammenhang mit der Einhaltung von Arbeitnehmerrechten und geforderten Standards im Bereich Umwelt und Gesundheit umgehen, muss selbstverständlich sein.“ Eine klare Position bzgl. des UN-Prozesses für ein rechtsverbindliches UN-Abkommen geht daraus nicht hervor. Grundsätzlich halten die NEOS ein solches Abkommen für „unterstützenswert“ und „verbindliche Regeln für globale Wertschöpfungsketten für wichtig“. Sie verweisen vor allem auf die Wichtigkeit eines Konsenses innerhalb der EU. „Es reicht nicht aus, nur mit am Tisch zu sitzen: Österreich muss hier eine Vorreiterrolle einnehmen“, bekräftigen in diesem Zusammenhang die Grünen. Sie verweisen auf ihren intensiven, jahrelangen Einsatz bei der Forderung von Sorgfaltspflichten in der gesamten Lieferkette für österreichische und europäische Unternehmen. Die KPÖ+ befindet „eine menschenrechtliche Regulierung der Weltwirtschaft ist dringend notwendig“ und „es gilt (…) vor allem Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen die Möglichkeit zu geben, ihre Rechte einzufordern.“ Die Verankerung eines klaren Vorrangs von Menschenrechtsabkommen und -verpflichtungen gegenüber anderen Abkommen insbesondere Handels- und Investitionsabkommen fordern nur Grüne und KPÖ+ explizit.
Von den wahlwerbenden Parteien Liste Peter Pilz, Die Weißen, Freie Liste Österreich & FPS Liste Dr. Karl Schnell, Liste Roland Düringer – Meine Stimme Gilt erhielt das NGO-Bündnis keine Rückmeldung.

Österreich bewirbt sich um einen Sitz im UN-Menschenrechtsrat für die Periode 2019-21. Der Rat soll zur Stärkung der Menschenrechte auf der ganzen Welt beitragen und Menschenrechtsverletzungen ansprechen. „Österreich kann sich nur glaubhaft für einen Platz im UN-Menschenrechtsrat bewerben, wenn es sich konsequent für das längst überfällige Abkommen zur Durchsetzung von Menschenrechten einsetzt“, sagt Grasgruber-Kerl. Das Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen startete bereits vergangene Woche eine Petition „Menschen vor Profite“ adressiert an Bundeskanzler Kern und Minister Kurz sowie die neue Regierung mit der Forderung den Erarbeitungsprozess zum UN-Abkommen aktiv zu unterstützen.

 

Rückfragehinweis
Stefan Grasgruber-Kerl, Südwind, 0699 100 400 79, stefan.grasgruber-kerl@suedwind.at
Michaela Königshofer, Pressesprecherin Südwind, +43 664 2309883, michaela.koenigshofer@suedwind.at

Diese Presseaussendung wurde im Rahmen des Projekts „Supply Cha!nge – Make Supermarkets Fair!“ mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Kommission und der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit durchgeführt. Die darin vertretenen Standpunkte geben die Ansicht von Südwind wieder und stellen somit in keiner Weise die offizielle Meinung der Fördergeber dar.

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