Waldschutz mit Kahlschlägen? Südwind warnt vor absurder Aufweichung des EU-Waldschutzgesetzes

Ein junger Mann steht vor dem Wiener Riesenrad mit einem Protestschild für Waldschutz
Aktion von Togehter4Forests in Wien / Christopher Glanzl

Neue Gesetzes-Version erkennt Holzentnahme nicht als Ursache von Waldzerstörung an - Südwind: Aufweichung darf nicht akzeptiert werden

Wien / Brüssel, 27. Juni 2022. Morgen, Dienstag, stimmt der EU-Ministerrat über den Entwurf für ein EU-Gesetz zum Schutz globaler Wälder ab. Eine neu abgeänderte Version des Gesetzesentwurfs enthält für die österreichische Menschenrechtsorganisation Südwind eine hochproblematische Aufweichung. Denn ausgerechnet Holzentnahme wird darin als Ursache von Waldschädigung im Endeffekt ausgeschlossen. „Mit dieser Abänderung werden globale Bemühungen für Waldschutz völlig ad absurdum geführt“, sagt Joachim Raich, Waldschutzexperte bei Südwind. „Es handelt sich um eine skandalöse Aufweichung, die ans Lächerliche grenzt: Es ist, als würde man sagen: Lasst uns die Überfischung stoppen - ohne die Entnahme der Fische zu regeln.“ Südwind fordert vom zuständigen Land- und Forstwirtschaftsminister Norbert Totschnig vollen Einsatz für einen strengen Gesetzestext. „Österreich muss im Interesse von Klima- und Artenschutz für ein starkes EU-Gesetz einstehen und darf sich nicht den Lobby-Versuchen von Forstkonzernen beugen“, so Raich. 

Laut der neuen Definition des Ministerrates zählt nur die Zerstörung von Primärwäldern als „Waldschädigung“ - und das auch nur dann, wenn keine Bemühungen zur Wiederaufforstung unternommen werden. „Damit würde weder Holz aus europäischen Wäldern noch Holz aus tropischen Wäldern vom Gesetzestext erfasst werden. In Folge wären sogar Kahlschläge in Tropenwäldern erlaubt, solange Schritte zur Wiederaufforstung unternommen werden“, erklärt Südwind-Experte Raich.

„Es wäre eine umweltpolitische Bankrotterklärung des EU-Ministerrats vor den Wünschen der Holzindustrie. Diese hat im Vorfeld intensive Lobbyarbeit betrieben, um die Definition der Waldschädigung zu verwässern“, sagt Joachim Raich. „Angesichts der sich verschärfenden Klimakrise ist dies grob fahrlässig und gefährlich. Es braucht eine wissenschaftlich fundierte Definition von Waldschädigung, die mit dem eigentlichen Ziel der Verordnung, nämlich die Waldzerstörung zu stoppen, übereinstimmt.“

Der im November auf den Weg gebrachte EU-Gesetzesvorschlag zum Schutz globaler Wälder soll Unternehmen dazu verpflichten ihre Lieferketten frei von Waldzerstörung zu halten. Dies ist ein wichtiger Schritt, um der globalen Waldzerstörung Einhalt zu gebieten. Denn der EU-Markt ist Vize-Weltmeister in Waldzerstörung durch Importe von – unter anderem – Holz, Soja, Palmöl, Rindfleisch, Kakao und Kaffee. Südwind fordert gemeinsam mit der Together4Forests-Initiative, eine breite Allianz von über 180 zivilgesellschaftlichen Organisationen, umfassende Nachschärfungen des Gesetzesentwurfs.