EU-Lieferkettengesetz: Wichtiger Schritt trotz schmerzlicher Schlupflöcher

Südwind

Mehrheit spricht sich für EU-Lieferkettengesetz aus – Südwind und NeSoVe kritisieren Österreichs Enthaltung: “ÖVP betreibt Klientelpolitik auf Kosten von Kinder- und Menschenrechten”

Wien/Brüssel (OTS) - Nach mehreren Anläufen sprach sich die Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten heute für ein EU-Lieferkettengesetz aus. Die belgische Ratspräsidentschaft präsentierte letzte Woche einen Text mit massiven Zugeständnissen, um eine Mehrheit zu erreichen. „Das EU-Lieferkettengesetz ist trotz der schmerzlichen Schlupflöcher ein wichtiger Schritt! Durch die Richtlinie wird es auch in Österreich erstmals eine Gesetzgebung geben, die Menschenrechte und Umwelt entlang globaler Wertschöpfungsketten schützt“, so Bettina Rosenberger, Koordinatorin der Kampagne “Menschenrechte brauchen Gesetze!

Österreich hat sich gemeinsam mit anderen EU-Mitgliedstaaten trotz massiver Zugeständnisse weiterhin geweigert, dem EU-Lieferkettengesetz zuzustimmen. „Die ÖVP betreibt Klientelpolitik auf Kosten von Kinder- und Menschenrechten. Dabei zeigen viele österreichische Unternehmen, gerade auch KMUs, Tag für Tag, dass nachhaltiges Wirtschaften im Einklang mit den Menschenrechten möglich ist“, so Rosenberger. „Die Blockierer rund um Bundesminister Kocher und die Wirtschaftsverbände müssen sich nach dem Beschluss endlich konstruktiv verhalten und eine seriöse Implementierung des Gesetzes in Österreich ermöglichen."

Der neue Kompromiss hat den Anwendungsbereich drastisch eingeschränkt: So wird die finale Richtlinie nach einer mehrjährigen Übergangsphase nur für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeiter:innnen und einem Jahresumsatz von 450 Millionen Euro gelten. Für Hochrisikosektoren gibt es keine zusätzlichen Bestimmungen. „Die neuerliche Verwässerung, um das EU-Lieferkettengesetz zu retten, schmerzt. Nicht nur hinsichtlich der eingeschränkten Effektivität der Richtlinie, sondern auch aufgrund der demokratiepolitischen Komponente, die hier mitschwingt: EU-Mitgliedsstaaten waren auf Zuruf der Industrielobby dazu bereit, die demokratischen Spielregeln der Europäischen Union in Frage zu stellen“, so Stefan Grasgruber-Kerl, Lieferketten-Experte von Südwind. Bereits der im Zuge der Trilog-Verhandlungen erzielte Kompromiss aus Dezember 2023 beinhaltete zahlreiche Schlupflöcher.

Über "Menschenrechte brauchen Gesetze!":

Die Kampagne “Menschenrechte brauchen Gesetze!” wird von einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis getragen und vom Netzwerk Soziale Verantwortung (NeSoVe) koordiniert. Gemeinsam mit über 100 NGOs und Gewerkschaften aus ganz Europa mobilisieren zivilgesellschaftliche Organisationen und Gewerkschaften im Zuge der Kampagne „Gerechtigkeit geht alle an!“ (Justice is Everybody's Business) für ein EU-Lieferkettengesetz, das Menschen- und Arbeitsrechte, die Umwelt und das Klima effektiv schützt.

Rückfragen & Kontakt:

Bettina Rosenberger
Kampagnenkoordinatorin „Menschenrechte brauchen Gesetze!“
+43 660 8835409
bettina.rosenberger@nesove.at
c/o Netzwerk Soziale Verantwortung

Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
+43 650 96 77577
vincent.sufiyan@suedwind.at