Bankräuber stehen auf der Liste von Interpol. Wie kann ein bereits in Thailand verurteilter Lohnräuber in Österreich Dividende kassieren?
Das Problem ist das Fehlen von zwischenstaatlichen Regelungen und Behörden. Es gibt zwar international gültige Arbeits- und Menschenrechte, aber keine Behörden, die bei Rechtsbrüchen ermitteln und diese vor Gericht bringen können. Beim Schutz von Investitionen sind Staaten hier mit Investitionsschutzabkommen ungleich engagierter.
Nach zähem Ringen wurde heuer auf EU-Ebene endlich das Lieferkettengesetz beschlossen. Würde es in so einem Fall von Lohnraub zur Anwendung kommen?
Ja, die Arbeiter:innen könnten klagen. Derzeit endet die Gerichtsbarkeit dafür an der Grenze von Thailand. Wenn das Lieferkettengesetz umgesetzt ist, ergibt sich daraus ein Rechtsweg, mit dem die Arbeiter:innen die entsprechenden Lohnschulden von Unternehmen in Österreich einfordern können.
Was bräuchte es auf internationaler Ebene, um solchen Praktiken einen Riegel vor zu schieben?
Wenn Arbeits- und Menschenrechte im internationalen Recht so gut geschützt werden wie etwa Investitionen oder Patente wären wir einen wichtigen Schritt weiter. (Denn darin ist geregelt, welche Verfahren vor welchen Gerichten für Regelverletzungen zuständig sind) . Auch braucht es eine Art internationalen Lohn- und Abfertigungsgarantie-Fonds (vergleichbar mit österreichischem Insolvenz-Entgelt-Fonds), bei dem Arbeiter:innen gleich nach Betriebsschließungen ihre Forderungen ohne lange Gerichtsprozesse einreichen können.