Wien, 12.11.2019: Sozialaudits entlang der Lieferketten von Unternehmen sollen die Einhaltung von Menschenrechten in der Arbeitswelt sicherstellen. Doch sie scheitern kläglich daran: das dokumentiert der neue Bericht „FIG LEAF FOR FASHION – How social auditing protects brands and fails workers“ der Clean Clothes Kampagne. Gertrude Klaffenböck, Koordinatorin der Clean Clothes Kampagne in Österreich, dazu: „Die milliardenschwere, privatwirtschaftlich agierende Zertifizierungs- und Audit-Branche schützt systematisch Image und Gewinne der Unternehmen anstatt die Einhaltung von Rechten für Arbeitnehmerinnen zu kontrollieren“.
Fehlende Transparenz, keine Konsequenzen
In der umfassenden Analyse verschiedener kommerzieller Prüforganisationen wird eine Abhängigkeit zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber festgestellt. Bekannten Initiativen zur Überprüfung sozialer Standards, wie Social Accountability International (SAI), Worldwide Responsible Accredited Production (WRAP), Fair Labour Association (FLA) und amfori Business Social Compliance Initiative (BSCI) sowie den größten Auditunternehmen, Bureau Veritas, TÜV Rheinland, UL, RINA und ELEVATE, wird anhand von Fallbeispielen aus dem letzten Jahrzehnt eine eklatante Nachlässigkeit in ihren Kontrollen nachgewiesen. Dazu zählen auch das Fabrikfeuer von Ali Enterprises 2012, der verheerende Einsturz des Rana Plaza-Gebäudes 2013 und die Kesselexplosion 2017 in der Multifabs-Fabrik: Tausende Arbeiterinnen wurden verletzt oder getötet, obwohl jede dieser Fabriken von mehreren führenden Auditfirmen für sicher erklärt wurde. Klaffenböck fasst zusammen: „Obwohl Katastrophen wie diese vorhersehbar und vermeidbar wären, gibt es kaum Konsequenzen für die involvierten Unternehmen und Prüf-Initiativen. Die Industrie hat es geschafft, die vielen Mängel unter Verschluss zu halten. Noch immer sind die Ergebnisse von Kontrollen fast immer ausschließlich den auftraggebenden Klienten zugänglich.“
Verbindliche Vorschriften und klare Sanktionen sind nötiger denn je
Zwanzig Jahre Sozialaudits haben die Arbeitsbedingungen nicht verbessert. Der Bericht zeigt ganz klar auf, dass Markenunternehmen nicht zugetraut werden kann sie sich selbst zu regulieren. „Daher brauchen wir verbindliche Vorschriften und Standards für Audits sowie Berichtspflichten mit der Androhung von Sanktionen. Nur solche können sicherstellen, dass Verantwortung ernst genommen wird und das Leben der Arbeiterinnen geschützt wird“, erklärt Klaffenböck abschließend. Vom Österreichischen Parlament fordert die Clean Clothes Kampagne darum, das Sozialverantwortungsgesetz (SZVG) so schnell wie möglich zu verabschieden. Die neue Regierung muss sich international für verbindliche Regeln zum Schutz der Menschenrechte von ArbeiterInnen im Rahmen des UN-Treaty zu transnationalen Unternehmen und Menschenrechten einsetzten.
Den gesamten Bericht finden Sie hier auf Englisch zum Download: FIG LEAF FOR FASHION-How social auditing protects brands and fails workers
Eine Zusammenfassung in deutscher Sprache finden Sie hier: Sozialaudits – Wie sie Unternehmen schützen und Arbeiterinnen im Stich lassen
Rückfragehinweis:
Theresa Gral, Südwind Pressesprecherin, +43 650 375 1987, theresa.gral@suedwind.at
Gertrude Klaffenböck, Clean Clothes Kampagne / CCK, +43 676 44 608 33, gertrude.klaffenboeck@suedwind.at
Südwind setzt sich als entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisation seit 40 Jahren für eine nachhaltige globale Entwicklung, Menschenrechte und faire Arbeitsbedingungen weltweit ein. Durch schulische und außerschulische Bildungsarbeit, die Herausgabe des Südwind-Magazins und anderer Publikationen thematisiert Südwind in Österreich globale Zusammenhänge und ihre Auswirkungen. Mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen, Kampagnen- und Informationsarbeit, engagiert sich Südwind für eine gerechtere Welt. www.suedwind.at